Der Freistaat Preußen
Überblick

Preußen im Überblick Reichstagswahlen in Preußen Landtagswahlen in Preußen Die Preußischen Staatsministerien Volksabstimmungen, -begehren und -entscheide in Preußen Die Preußischen Provinzen Ereignisse 1918–1933

Deutsches Reich

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Aufgrund des Versailler Vertrages werden Elsass-Lothringen, die Gebiete um Eupen und Malmedy, das Memelgebiet, das Hultschiner Ländchen sowie große Teile der preußischen Provinzen Posen und Westpreußen von Preußen abgetrennt; außerdem verliert Preußen im Zuge von Volksabstimmungen, die der Versailler Vertrag vorgesehen hatte, Nordschleswig und das östliche Oberschlesien. Das Saargebiet – zum größten Teil aus preußischen Gebietsteilen gebildet – wird für 15 Jahre unter Völkerbundsverwaltung gestellt, bevor eine Volksabstimmung die weitere Zugehörigkeit klärt.

Am 30.11.1921 wird der Kreis Pyrmont durch einen Staatsvertrag und per Reichsgesetz Preußen angegliedert als Teil der Provinz Hannover (Reichsgesetz vom 24.3.1922, RGBl. I, S. 281).

Am 1.5.1929 wird der Freistaat Waldeck per Reichsgesetz (vom 7.12.1928, RGBl. I, S. 401) in den Freistaat Preußen eingegliedert als Teil der Provinz Hessen-Nassau.

Übersichtskarte (237 kB) – mit Links zu den Provinzen

 

Regierungssystem

Verfassung (preuV) vom 30.11.1920 – vgl. www.verfassungen.de

Das Staatsministerium

  • besteht aus dem Ministerpräsidenten und den Staatsministern (Art. 44, i.d.R. 7–9 Minister).
  • wird in den Richtlinien der Politik vom Ministerpräsidenten geführt, der diese auch gegenüber dem Landtag verantwortet (»Richtlinienkompetenz«, Art. 46);
  • vertritt den Staat nach außen, bringt Gesetze in den Landtag ein, erlässt Ausführungsverordnungen, ernennt Staatsbeamte und die Hälfte der Reichsratsmitglieder (Art. 49ff.);
  • kann im Falle des Notstandes in Übereinstimmung mit dem ständigen Ausschuss Verordnungen mit Gesetzeskraft erlassen (Art. 55).
  • Der Ministerpräsident wird vom Landtag gewählt (durch eine Geschäftsordnungsänderung ab 1932 mit absoluter Mehrheit) und ernennt die übrigen Staatsminister (Art. 45).

Der Landtag

  • wird auf vier Jahre gewählt (Art. 13);
  • kann durch Landtagsbeschluss (mit Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl), Beschluss des »Dreimännerkollegiums« (Minister-, Landtags- und Staatsratspräsident) oder Volksentscheid aufgelöst werden (Art. 14);
  • kann (auf Antrag eines Fünftels der Mitglieder) Untersuchungsausschüsse einrichten (Art. 25 Abs. 1);
  • bestellt einen ständigen Ausschuss für die sitzungsfreien Perioden (Art. 26);
  • beschließt die Gesetze (Art. 29 Abs. 1);
  • kann mit Zweidrittelmehrheit (bei Anwesenheit von mindestens zwei Dritteln der Mitglieder) die Verfassung ändern (Art. 30);
  • wählt den Ministerpräsidenten (Art. 45) und kann dem Staatsministerium oder einzelnen seiner Mitglieder mit der Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl das Vertrauen entziehen (Art. 57);
  • kann mit verfassungsändernder Mehrheit Minister vor dem Staatsgerichtshof anklagen (Art. 58 Abs. 1);
  • hat eine schwankende Anzahl von Abgeordneten.

Der Staatsrat

  • besteht aus Vertretern der Provinzen, wobei auf je 500.000 EinwohnerInnen ein Vertreter entfällt, mindestens jedoch drei pro Provinz – Hohenzollern stellt einen Vertreter (Art. 32 – 1932: 81 Mitglieder);
  • wird von den Provinziallandtagen gewählt, eine gleichzeitige Landtagsmitgliedschaft ist nicht zulässig (Art. 33 Abs. 1f.);
  • ist vom Staatsministerium über die laufenden Geschäfte zu unterrichten, Gesetzesvorlagen des Staatministeriums sind ihm vorzulegen, zu denen er sich äußern darf; er hat außerdem das Recht auf eigene Gesetzesinitiativen (Art. 40);
  • kann Einspruch gegen Landtagsgesetze einlegen; diesen Einspruch kann der Landtag außer bei Fragen von Ausgabenerhöhungen mit Zweidrittelmehrheit durchbrechen oder einen Volksentscheid herbeiführen (Art. 42).

Volksbegehren

  • sind möglich auf Verfassungsänderung, Erlass, Änderung oder Aufhebung von Gesetzen sowie Landtagsauflösung, nicht jedoch zu Finanz-, Abgaben oder Besoldungsfragen (Art. 6 Abs. 1 u. 3);
  • bedürfen der Unterstützung eines Zwanzigstel, bei Verfassungsänderungen und Landtagsauflösung eines Fünftels der Stimmberechtigten (Art. 6 Abs. 2).

Volksentscheide

  • finden statt nach erfolgreichen Volksbegehren und bedürfen der Beteiligung der Mehrheit der Stimmberechtigten (Art. 6 Abs. 4); Anträge auf Verfassungsänderung oder Landtagsauflösung bedürfen der Zustimmung der Mehrheit der Stimmberechtigten, ansonsten der Mehrheit der Abstimmenden (Art. 6 Abs. 6);
  • finden statt auf Antrag des Staatsrates über die Frage einer Landtagsauflösung (Art. 14 Abs. 1);
  • finden statt auf Antrag des Landtages bei Gesetzen, gegen die der Staatsrat Einspruch erhoben hat (Art. 42 Abs. 3).


Preußen hat 26 (1926–29: 27) Stimmen im Reichsrat (davon werden 13 durch die Provinzialverwaltungen wahrgenommen).

 

Wahlrecht in Preußen

Landeswahlgesetz vom 3.12.1920 und neue Fassung vom 28.10.1924.
aktives Wahlrecht
Männer und Frauen ab 20 Jahre im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte (Art. 2 Abs. 1 u. Art. 5 preuV).
passives Wahlrecht
Männer und Frauen ab 25 Jahre mit aktivem Wahlrecht (Art. 9 Abs. 2 preuV).
Wahlsystem ab 1920
eine Stimme je WählerIn;
23 Wahlkreise;
Sitzverteilung nach der automatischen Methode (vgl. wahlrecht.de):
auf je 40.000 (1932: 50.000) Stimmen in einem Wahlkreis ein Sitz;
Reststimmen werden über Landeslisten verrechnet, wobei auf je 40.000 (1932: 50.000) Stimmen sowie auf einen Rest von mehr als 20.000 (1932: 25.000) Stimmen weitere Sitze entfallen, jedoch höchstens so viele, wie bereits auf Kreiswahlvorschläge zugeteilt wurden.

 

Verwaltung

Der Freistaat Preußen gliedert sich in 12 Provinzen (dazu die Stadt Berlin und die Hohenzollernsche Lande), 34 Regierungsbezirke (dazu die Stadt Berlin), 408 (1920: 423) Land- und 116 (1920: 102) Stadtkreise.

Die preußischen Provinzen 1925

Provinz (Hauptstadt) Fläche Bevölkerung Bev.-
dichte
in km2 in v.H. in 1.000 in v.H.
Provinz Ostpreußen (Königsberg) 36.991 12,68 2.256 5,92 61
Provinz Brandenburg (Potsdam) 39.039 13,38 2.592 6,80 66
Stadt Berlin 884 0,30 4.024 10,56 4.554
Provinz Pommern (Stettin) 30.270 10,38 1.879 4,93 62
Grenzmark Posen-Westpreußen (Schneidemühl) 7.715 2,64 332 0,87 43
Provinz Niederschlesien (Breslau) 26.600 9,12 3.132 8,22 118
Provinz Oberschlesien (Oppeln) 9.714 3,33 1.379 3,62 142
Provinz Sachsen (Magdeburg) 25.528 8,75 3.277 8,60 128
Provinz Schleswig-Holstein (Kiel) 15.073 5,17 1.519 3,99 101
Provinz Hannover (Hannover) 38.788 13,30 3.191 8,37 82
Provinz Westfalen (Münster) 20.215 6,93 4.811 12,62 238
Provinz Hessen-Nassau (Kassel) 15.790 5,41 2.397 6,29 152
Rheinprovinz (Koblenz) 23.974 8,22 7.257 19,04 303
Hohenzollernsche Lande (Sigmaringen) 1.142 0,39 72 0,19 63
Freistaat Preußen (Berlin) 291.700   38.206   131
Freistaat Waldeck (Arolsen)
[1929 zur preußischen Provinz Hessen-Nassau]
1.055 0,36 56 0,15 53
 
Staatshaushalt
Haushaltsjahr jeweils vom 1.4.–31.3., Schulden zum Ende des Haushaltsjahres, Angaben in Mio. RM (1923/24 in Mio. GM)
  23/24 24/25 25/26 26/27 27/28 28/29 29/30 30/31 31/32 32/33
Einnahmen 3.376 4.010 5.019 5.011 5.505 5.238 5.226 4.446 4.368
Ausgaben 3.208 4.044 5.029 4.791 5.301 5.078 5.175 4.471 4.431
Schulden 136 161 220 206 334 382 532 623 596 637

 

Statistische Angaben

Fläche:
291.700 km2 [1., 62,22 %].
Bevölkerung:
38.120.173 (131 je km2) [1., 61,08 %].
AusländerInnen:
573.323  (1,48 %); darunter 32,7 % Polen, 16,6 % Tschechoslowaken, 13,5 % Niederländer, 11 % Österreicher, 6,7 % Russen, 3,4 % Schweizer, 2,2 % Italiener.
Verstädterung:
unter 2.000: 33,8 %; 2.000–20.000: 22,5 %; 20.000–100.000: 14,5 %; über 100.000: 29,2 %.
Städte (in 1.000 EinwohnerInnen):
Berlin (Hauptstadt) 4.024, Köln 700, Breslau 557, Essen 471, Frankfurt a.M. 467, Düsseldorf 433, Hannover 423, Dortmund 322, Magdeburg 293, Königsberg 280, Duisburg 273, Stettin 254.
Religionszugehörigkeit:
64,9 % Evangelische, 31,3 % Römisch-katholische, 0,1 % andere Christen; 1,1 % Juden; 2,5 % Sonstige.
Erwerbstätigkeit:
18.981.526 (49,8 %); davon 16,2 % Selbstständige, 17,1 % Angestellte und Beamte, 46,9 % ArbeiterInnen, 15,4 % mithelfende Familienangehörige, 4,5 % Hausangestellte.
2.285.046 Berufslose (6,0 %).
Wirtschaftsabteilungen:
22,0 % Landwirtschaft, 41,3 % Industrie und Handwerk, 17,5 % Handel und Verkehr, 5,1 % Verwaltung usw., 1,5 % Gesundheitswesen usw., 3,4 % häusliche Dienste, 9,2 % ohne Beruf.
Arbeitslosigkeit:
gemeldete Arbeitslose in 1.000:
1932 1933
3.513 2.973
Bergbau und Industrie (Betriebe mit mehr als 10 Arbeitern):
4.527.572 ArbeiterInnen; davon: Maschinen- und Anlagenbau 868.052, Bergbau, Hütten- und Salinenwesen 777.018, Metallverarbeitung 493.525, Nahrungs- und Genussmittelindustrie 422.346, Textilindustrie 416.063, Industrie der Steine und Erden 321.100, Holz- und Schnitzstoffindustrie 294.525, Bekleidungsgewerbe 269.744, chemische Industrie 143.303, Baugewerbe 120.195, polygraphische Gewerbe 120.195, Papierindustrie 101.231 ArbeiterInnen.


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