Die Freie Stadt Danzig
Überblick

Danzig im Überblick Völkerbundskommissare in Danzig Volkstagswahlen in Danzig Der Danziger Senat Ereignisse 1918–1939

Deutsches Reich

Preußen
Bayern
Sachsen
Württemberg
Baden
Thüringen
Hessen
Hamburg
Mecklenburg-Schwerin
Oldenburg
Braunschweig
Anhalt
Bremen
Lippe
Lübeck
Mecklenburg-Strelitz
Waldeck
Schaumburg-Lippe

Saargebiet
Danzig
Memelgebiet
Zur Homepage
Abkürzungen
Literatur

Durch den Abschnitt XI (Art. 100–108) des Versailler Vertrages wurde das Gebiet der Freien Stadt Danzig mit Wirkung zum 10.1.1920 aus dem deutschen Reich herausgelöst und zu einem souveränen Staat unter dem Schutz des Völkerbundes erklärt.
 

Übersichtskarte (22 kB)
 

Regierungssystem

Verfassung (danV) vom 17.11.1920 – vgl. www.verfassungen.de –, geändert am 16.9.1930, Versailler Vertrag vom 28.6.1919 (III. Teil, 11. Abschnitt) – vgl. www.versailler-vertrag.de

Der Völkerbund ist Schutzherr Danzigs und Bürge seiner Verfassung (Art. 102f. Versailler Vertrag).

Der Hohe Kommissar

  • entscheidet Streitigkeiten zwischen Danzig und Polen (Art. 103 Abs. 2 Versailler Vertrag);
  • wird auf drei Jahre vom Völkerbund ernannt.

Der Senat

  • besteht aus dem Senatspräsidenten, seinem Stellvertreter und 20 Senatoren; Senatspräsident und sieben hauptamtliche Senatoren werden vom Volkstag auf 4 Jahre gewählt, die Amtsdauer beginnt ein Jahr nach Beginn der Amtsdauer des Volkstages; der stellvertretende Präsident und 13 nebenamtliche Senatoren werden vom Volkstag auf unbestimmte Zeit gewählt (Art. 25);
  • wird vom Senatspräsidenten geleitet, der in dringenden Fällen im Einvernehmen mit seinem Stellvertreter entscheiden kann (Art. 36);
  • beschließt die Richtlinien der Politik und übt die Exekutive aus (Art. 38f.);
  • vertritt (vorbehaltlich Art. 104 Ziffer 6 Versailler Vertrag) den Staat nach außen (Art. 41 Abs. 1);
  • ist dem Völkerbund auskunftspflichtig (Art. 42);
  • beschließt in Übereinstimmung mit dem Volkstag die Gesetze, kann Volkstagsbeschlüsse an diesen zurückverweisen (»aufschiebendes Veto«) und, wenn der Volkstag bei seinem Beschluss bleibt, einen Volksentscheid herbeiführen (Art. 43);
  • kann Gesetze einbringen (Art. 46 Abs. 1).
  • Die nebenamtlichen Senatsmitglieder bedürfen des Vertrauens des Volkstages und sind diesem verantwortlich (Art. 29 Abs. 1).

Der Volkstag

  • hat 120 (ab 1930: 72) Abgeordnete (Art. 6);
  • wird auf 4 Jahre gewählt (Art. 9);
  • kann (auf Antrag eines Fünftels der Mitglieder) Untersuchungsausschüsse einrichten (Art. 19 Abs. 2);
  • kann nebenamtlichen Senatoren das Vertrauen entziehen (Art. 29 Abs. 2);
  • kann Senatoren vor dem Obersten Gericht anklagen (Art. 32);
  • beschließt die Gesetze in Übereinstimmung mit dem Senat (Art. 43 Abs. 1);
  • kann mit Zweidrittelmehrheit bei Anwesenheit von zwei Dritteln der Abgeordneten die Verfassung ändern, wenn der Völkerbund keine Einwände erhebt (Art. 49 Abs. 1 u.3).
  • kann nicht aufgelöst werden.

Die Berufsvertretung

  • kann Gesetze einbringen und begutachtet Gesetzesvorlagen wirtschafts- bzw. sozialpolitischer Art; die Zusammensetzung wird durch Gesetz geregelt (Art. 46).

Der Finanzrat

  • hat bei der Erhebung neuer Steuern, der Aufnahme von Anleihen, der Übernahme von Bürgschaften sowie bei ungedeckten Ausgaben ein aufschiebendes Vetorecht; die Zusammensetzung wird durch Gesetz geregelt (Art. 56).

Volksbegehren

  • sind möglich auf Gesetzesinitiative und bedürfen der Zustimmung eines Zehntels der Wahlberechtigten (Art. 47);
  • sind nicht zulässig zu Haushalts-, Abgaben und Besoldungsfragen (Art. 48 Abs. 1).

Volksentscheide

  • finden statt auf Antrag des Senats bei strittigen Gesetzen (Art. 43 Abs. 3);
  • finden statt nach erfolgreichen Volksbegehren, denen der Volkstag nicht entspricht (Art. 47);
  • bedürfen der Mehrheit der Abstimmenden; soll ein Volkstagsbeschluss geändert werden, bedürfen sie außerdem der Teilnahme der Mehrheit der Wahlberechtigten (Art. 48 Abs. 2);
  • bedürfen bei Verfassungsänderungen der Mehrheit der Stimmberechtigten (Art. 49 Abs. 2).

 

Wahlrecht

aktives Wahlrecht
Männer und Frauen ab 20 Jahre im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte (Art. 8. Abs. 1 u. 3 danV)
passives Wahlrecht
Männer und Frauen ab 25 Jahre mit aktivem Wahlrecht (Art. 8 Abs. 2 danV).
Wahlsystem
eine Stimme je WählerIn;
ein Wahlkreis;
Sitzverteilung nach der Methode d'Hondt (vgl. wahlrecht.de).

 

Verwaltung

Die Freie Stadt Danzig gliedert sich in zwei Stadt- (Danzig, Zoppot) und drei Landkreise (Danziger Höhe, Danziger Niederung, Großes Werder), vier Städte und 258 Landgemeinden.
Die auswärtigen Angelegenheiten werden durch Polen wahrgenommen; es besteht eine Zollunion mit Polen (Art. 104 Versailler Vertrag).
Staatshaushalt (1932)
108,8 Mio. Gulden (90 Mio. RM).

 

Statistische Angaben

Fläche:
1.894 km2.
Bevölkerung (1929):
407.517 (215 je km2).
AusländerInnen (1923):
8,4 %; davon 67 % Deutsche, 17 % Polen.
Muttersprache (1923):
95,0 % deutsch, 3,3 % polnisch, kassubisch oder masurisch, 0,4 % deutsch und polnisch, 1,2 % eine andere Sprache.
Verstädterung (1924):
unter 2.000: 29,9 %; 2.000–20.000: 1,6 %; 20.000–100.000: 10,8 %; über 100.000: 57,7 %.
Städte (1924):
Danzig 206.458, Zoppot 26.906, Oliva 13.927, Ohra 12.260, Tiegenhof 3.087, Neuteich 2.857 EinwohnerInnen.
Religionszugehörigkeit (1924):
54,7 % Evangelische, 34,5 % Römisch-katholische, 1,6 % andere Christen; 2,3 % Juden; 1,1 % Sonstige.
Erwerbstätigkeit (1929):
178.600 (43,8 %).
Berufsgliederung (1929):
Land- und Forstwirtschaft, Fischerei 20,9 %, Industrie und Handwerk 31,5 %, Handel und Verkehr 28,7 %, öffentliche Dienste und freie Berufe 9,9 %, häusliche Dienste und sonstige Berufe 9,0 %.
Arbeitslosigkeit:
gemeldete Arbeitslose in 1.000:
1928 1929 1930 1931 1932 1933
10,9 12,9 18,3 24,9 33,2 31,4
Industrie:
Schiffs-, Waggon- und Maschinenbau, Holz, Fisch- und Gemüsekonserven, Likör, chemische Industrie, Zucker, Schokoladen, Textil, Tabak (diese Staatsmonopol).


Anmerkungen zu dieser Seite

Webmaster, 2001–2005  ·  Impressum