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Durch den Abschnitt IV (Art. 45–50) des Versailler Vertrages wird das Saargebiet bis Januar 1935 dem
Völkerbund unterstellt; dann wird die staatsrechtliche Stellung durch eine Volksabstimmung entschieden.
Übersichtskarte (29 kB)
Regierungssystem
Versailler Vertrag vom 28.6.1919 (III. Teil, 4. Abschnitt: Anlage, Kapitel 2) – vgl. www.verfassungen.de
Die Regierungskommission
- übt die Regierungsgewalt aus und beschließt mit Stimmenmehrheit (§ 16 u. 19);
- besteht aus fünf Mitgliedern, die vom Rat des Völkerbundes auf ein Jahr ernannt und von ihm abberufen werden
können; von den Mitgliedern muss einer aus Frankreich, einer aus dem Saargebiet und drei weitere aus anderen Ländern
als Frankreich und Deutschland stammen (§ 17 Abs. 1f.);
- vertritt die Interessen der Bevölkerung des Saargebiets nach außen (§ 21);
- kann die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen nach Anhörung des Landesrates ändern (§ 23 Abs. 1f.);
- hat das Recht, Steuern und Abgaben zu erheben sowie nach Anhörung des Landesrates neue festzusetzen (§ 26);
- hat für den Schutz von Personen und Eigentum Sorge zu tragen (§ 30 Abs. 3).
- Der Vorsitzende wird durch den Rat des Völkerbundes aus den Mitgliedern der Regierungskommission für ein Jahr
gewählt und ist das ausführende Organ der Kommission (§ 18).
Der Landesrat
- führt lediglich beratende und gutachterliche Tätigkeiten aus (Art. 1 Zif. 1 VO143);
- hat 30 Mitglieder (Art. 2 Abs. 1 VO143);
- wird auf vier (ursprünglich drei) Jahre gewählt (Art. 6 VO143);
- erhält den Haushaltsplan zur Kenntnis (Art. 8 Abs. 3 VO143).
- Der Landesratspräsident wird von der Regierungskommission ernannt (Art. 6 VO143).
- Die Mitglieder des Landesrates besitzen keine Immunität.
Der Studienausschuss
- gutachtet für die Regierungskommission (Art. 1 Zif. 2 VO143);
- besteht aus mindestens acht über 30jährigen Saarländern (Art. 11 VO143);
- wird für ein Jahr ernannt (Art. 12 Abs. 1 VO143).
Wahlrecht
- Verordnung Nr. 143 der Regierungskommission betreffend die Errichtung 1. eines Landesrates, 2. eines
Studienausschusses (VO143) vom 24.3.1922 – vgl. www.jura.uni-sb.de/Gesetze/saar-gesetze
- aktives Wahlrecht
- Männer und Frauen ab 20 Jahre (Art. 3).
- passives Wahlrecht
- Männer und Frauen ab 25 Jahre (Art. 4).
- Wahlsystem
- eine Stimme je WählerIn (1924 wurde das System der freien Listen angewandt, wobei jede Liste 30 Wahlvorschläge
enthielt und jedeR WählerIn bis zu 30 Stimmen abgeben konnte);
ein Wahlkreis (Art. 2 Abs. 2);
Sitzverteilung nach der Methode d'Hondt (vgl. wahlrecht.de).
Verwaltung
- Das Saargebiet gliedert sich in acht Kreise.
- Es besteht eine Zollunion mit Frankreich, wobei Ausfuhr- und Einfuhrzölle nach Deutschland eingeschränkt sind
(§ 31 Anl. zum III. Teil, 4. Abschnitt).
Statistische Angaben
- Fläche:
- 1.912 km2 (preußischer Teil 1.486 km2, bayrischer 426 km2).
- Bevölkerung (1927):
- 770.030 (403 je km2).
- Verstädterung (1927):
- 20.000–100.000: 16,6 %; über 100.000: 16,8 %.
- Städte:
- Saarbrücken (Hauptstadt) 129.000, Neunkirchen 41.031, Dudweiler 23.647, Sulzbach 22.402, St. Ingbert 20.817,
Völklingen 20.168 EinwohnerInnen.
- Religionszugehörigkeit (1927):
- 72,2 % Katholiken, 25,7 % Protestanten, 0,5 % Juden.
- Erwerbstätigkeit (1927):
- 305.463 (39,7 %); davon 15,2 % Selbstständige, 18,1 % Angestellte und Beamte, 57,2 %
ArbeiterInnen, 5,2 % mithelfende Familienangehörige, 4,3 % Hausangestellte.
- Wirtschaftsabteilungen (1927):
- 8,5 % Landwirtschaft, 58,9 % Industrie und Handwerk, 15,5 % Handel und Verkehr, 4,7 % Verwaltung
usw., 1,1 % Gesundheitswesen usw., 2,1 % häusliche Dienste, 9,2 % ohne Beruf.
- Arbeitslosigkeit:
- gemeldete Arbeitslose in 1.000:
1923 |
1924 |
1925 |
1926 |
1927 |
1928 |
1929 |
1930 |
1931 |
1932 |
1933 |
4,1 |
1,9 |
1,9 |
2,4 |
3,0 |
3,9 |
6,6 |
9,3 |
21,0 |
41,4 |
38,7 |
- Beschäftigte in der Industrie:
- 184.400 Arbeiter; Koks, Teer, Benzol, Ammoniumsulfat, Roheisen, Rohstahl, Walzwerkfertigwaren.
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