Das Deutsche Reich
Ereignisse 1931–1933

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Deutsches Reich

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1931
02.01. Als Reaktion auf die Massenentlassungen durch den Zechenverband beginnen im linksrheinischen Kohlenrevier und im Raum Recklinghausen Streiks unter Führung der KPD.
05.01. Der ehemalige Hauptmann Ernst Röhm wird von Adolf Hitler zum Leiter der paramilitärischen, 70.000 Mitglieder zählenden Sturmabteilung (SA) ernannt. Röhm war von dieser Position im April 1925 wegen seiner Differenzen mit Hitler über die Rolle der SA zurückgetreten.
09.01. Nach einer Notverordnung können von der Regierung eingesetzte Schlichtungskommissionen auch gegen den Widerspruch der Tarifparteien einen Schiedsspruch fällen. Damit wird der Staat zum ausschlaggebenden Faktor bei Tarifverhandlungen.
10.01. Im Tarifkonflikt im Ruhrbergbau beschließt eine Schlichtungskommission mit Zustimmung der Regierung eine sechsprozentige Lohnkürzung, zugleich aber die Rücknahme der Massenkündigungen.
15.01. Die NSDAP gründet Betriebszellen, um Einfluss auf die Arbeiter in Großbetrieben zu gewinnen.
18.01. Hitler spricht mit dem Chef der Heeresleitung, Kurt Freiherr von Hammerstein-Equord, über die Möglichkeiten einer Verständigung mit der Reichswehrführung.
04.02. In Berlin verbietet der Polizeipräsident das NSDAP-Organ Der Angriff. Immer wieder provoziert das von Joseph Goebbels herausgegebene Blatt mit der Rechtfertigung antisemitisch-nationalistischer Gewalttaten.
05.02. Im Reichstag bekräftigt Goebbels die radikale Opposition der Nationalsozialisten zum parlamentarischen System.
07.02. Der Reichstag lehnt einen weiteren Misstrauensantrag von NSDAP und KPD gegen die Regierung Heinrich Brüning ab.
10.02. Im Reichstag erklären 151 Abgeordnete von NSDAP, DNVP und Landvolk ihren Auszug aus dem Parlament. Anlass ist eine Änderung der Geschäftsordnung, mit der den Parteien vor allem die permanente Behinderung der parlamentarischen Arbeit durch das wiederholte Einbringen von Misstrauensanträgen erschwert werden soll.
20.02. Röhm verkündet eine Neugliederung der SA. Sie orientiert sich an der Truppeneinteilung des Militärs.
12.03. Der Reichstag billigt eine neue Kraftfahrzeugsteuer. Sie sieht für Pkw mit Verbrennungsmotoren eine jährliche Steuer von 12 RM pro 100 cm3 Hubraum vor.
15.03. Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland beträgt fast fünf Millionen. Nur die Hälfte von ihnen ist durch die Arbeitslosenversicherung abgesichert. 19 % erhalten Mittel aus der Krisenunterstützung, der Rest ist auf die Wohlfahrt angewiesen. Die wirtschaftlichen und psychologischen Folgen der Weltwirtschaftskrise erzeugen eine allgemeine Katastrophenstimmung und bringen den radikalen Parteien Zulauf.
19.03. Deutschland und Österreich vereinbaren Richtlinien für eine Zollunion zwischen beiden Ländern.
20.03. Der Reichstag billigt – bei Stimmenthaltung der Abgeordneten der SPD – die dritte Rate für den Bau des Panzerkreuzers A sowie die erste Rate für den des Panzerkreuzers B. Die SPD fürchtet bei Ablehnung des Etats eine Auflösung des Reichstags und die Stärkung der radikalen Parteien.
21.03. Die Reichsregierung stellt Planungen für eine deutsch-österreichische Zollunion vor, die Kern einer neuen Wirtschaftsordnung in Europa werden soll. Die alliierten Mächte reagieren mit Skepsis.
28.03. Reichspräsident Paul von Hindenburg schränkt mit einer Notverordnung zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen das Versammlungsrecht und die Pressefreiheit ein.
02.04. Der stellvertretende SA-Führer Walther Stennes wird von Hitler abgesetzt. Stennes forderte die sofortige Regierungsübernahme durch einen Staatsstreich, während Hitler offiziell auf strikter Legalität besteht. Hitler beauftragt Goebbels mit dem Parteiausschluss aller Sympathisanten von Stennes.
07.05. Wegen Beschimpfung der Republik verbietet der Berliner Polizeipräsident Albert Grzesinski (SPD) Die Rote Fahne für 14 Tage.
09.05. Die französische Deputiertenkammer lehnt die deutsch-österreichische Zollunion einstimmig ab.
17.05. Bei den Landtagswahlen in Oldenburg wird die NSDAP mit 37,2 % der Stimmen stärkste Partei vor der SPD mit 20,9 %. Die Nationalsozialisten stellen erstmals in einem Landesparlament die stärkste Fraktion.
18.05. Der Völkerbundsrat beschließt eine Überprüfung der Zollunionspläne durch den Internationalen Gerichtshof in Den Haag; damit ist die Zollunion de facto gescheitert.
19.05. Reichspräsident Hindenburg nimmt in Kiel am Stapellauf des Panzerkreuzers A teil. Das Schiff wird auf den Namen »Deutschland« getauft.
04.06. Das NS-Organ Der Angriff wird erneut für einen Monat verboten.
05.06. Reichspräsident Hindenburg erlässt die »2. Notverordnung zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen«, die weitreichende Sparmaßnahmen – u.a. einen Leistungsabbau in der Arbeitslosenversicherung – vorsieht.
   In einem Aufruf an die Gläubigerstaaten Deutschlands fordert die Reichsregierung ein Ende der Reparationen.
09.06. Der französische Außenminister Aristide Briand lehnt jede Veränderung des Young-Plans ab.
11.06. In mehreren Städten veranstaltet die KPD Kundgebungen und »Hungermärsche«. Sie will damit auf die Arbeitslosigkeit hinweisen und Arbeitslose mobilisieren.
20.06. In Reaktion auf die wirtschaftliche Krise in Deutschland schlägt der amerikanische Präsident Herbert Hoover ein einjähriges Moratorium ab 6.7. für alle Reparationen und Kriegsschulden vor.
23.06. Reichskanzler Brüning würdigt den Moratoriumsvorschlag Hoovers und schlägt eine deutsch-französische Aussprache über den Aufschub vor.
25.06. Das Deutsche Reich erhält von den Nationalbanken Großbritanniens, Frankreichs, der Federal Reserve Bank New York und der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel einen Kredit in Höhe von 419 Mio. RM.
13.07. Zusammenbruch des drittgrößten Geldinstituts des Deutschen Reichs, der Darmstädter und Nationalbank (Danat-Bank) aufgrund des Abzugs ausländischer Kredite in der Folge des von der Danat-Bank kreditierten Nordwolle-Konzerns; Beginn der bis zum Frühjahr 32 andauernden Bankenkrise.
14.07. Der Konkurs der Danat-Bank führt zu einem Ansturm auf die Kreditinstitute. Hindenburg lässt per Notverordnung die Schalter zwei Tage schließen und den Zahlungsverkehr einschränken. Das Börsengeschäft wird erst am 11.4.32 wieder aufgenommen.
17.07. Hindenburg erlässt eine Notverordnung über das Pressewesen, mit der Zeitungsverbote leichter als bisher durchgesetzt werden können.
18./
19.07.
Reichskanzler Brüning und Außenminister Julius Curtius treffen sich in Paris mit französischen Regierungsvertretern zu bilateralen Gesprächen.
20.–
23.07.
In London findet eine Sieben-Mächte-Konferenz über die Lage der deutschen Wirtschaft statt. Die Teilnehmer beschließen die Verlängerung der bisher gewährten Kredite sowie eine Untersuchung der deutschen Finanzlage.
21.07. Die Führer der »Nationalen Opposition« – Hitler (NSDAP), Alfred Hugenberg (DVNP) und Franz Seldte (Stahlhelm) – erklären, dass sie sich im Fall einer Regierungsübernahme nicht an die von Reichskanzler Brüning eingegangenen finanziellen Verpflichtungen halten werden.
03.08. Der dem Deutschen Reich im Juni gewährte Finanzkredit wird um drei Monate verlängert.
   Der »freiwillige Arbeitsdienst« wird durch eine Verordnung von Reichsarbeitsminister Adam Stegerwald (Zentrum) zur öffentlichen Einrichtung. Arbeitslose können nun zu gemeinnützigen Arbeiten herangezogen werden.
11.08. In London wird auf einer Sachverständigenkonferenz ein Protokoll über das Hoover-Moratorium unterzeichnet. Die Reparationenzahlungen des Deutschen Reichs werden für ein Jahr ausgesetzt.
03.09. Deutschland und Österreich erklären vor dem Völkerbundsrat den Verzicht auf ihre Zollunionspläne.
07.09. Die Reichsregierung diskutiert erstmals über Siedlungen für Arbeitslose. Land im Besitz der öffentlichen Hand soll zur Bebauung freigegeben werden. Die Siedler sollen überwiegend »Selbstversorger« werden.
11.09. In Berlin empfängt Hitler mehrere Industrielle, um ihnen seine wirtschaftspolitischen Ziele vorzustellen. Zu den Gästen gehören auch Ernst Poensgen von den Vereinigten Stahlwerken A.G. und Albert Vögler vom Rheinisch-Westfälischen Kohlesyndikat.
12.09. Am jüdischen Neujahrstag werden von Berliner SA-Männern Geschäfte demoliert. Passanten, die sie für Juden halten, werden angegriffen und verletzt.
25.09. Das Präsidium des Reichsverbands der Deutschen Industrie wählt Gustav Krupp von Bohlen und Halbach zu seinem neuen Präsidenten.
27.09. Die »Dietramszeller Notverordnung« ermächtigt Landesregierungen und Gemeindeverwaltungen, Maßnahmen zum Haushaltausgleich auf dem Verordnungsweg zu regeln.
28.09. Der französische Ministerpräsident Pierre Laval und Außenminister Briand beenden ihren Staatsbesuch in Berlin. Vor allem ihre Kranzniederlegung am Grab von Gustav Stresemann hat großes Aufsehen hervorgerufen.
01.10. Die Höchstdauer der Arbeitslosenunterstützung wird von 26 auf 20 Wochen gekürzt.
03.10. Wegen des Scheiterns der Zollunion mit Österreich tritt Außenminister Curtius zurück. Der Internationale Gerichtshof in Den Haag beurteilte die Zollunion als unvereinbar mit dem Friedensvertrag von Saint-Germain.
04.10. Gründung der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAPD).
06.10. Reichspräsident Hindenburg erlässt die »3. Notverordnung zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zur Bekämpfung von politischen Ausschreitungen«: Rentenbezüge werden gesenkt, und ein Nothaushalt für das zweite Quartal 1932 wird aufgestellt. Auch sollen »Sammelstätten staatsgefährlicher Betätigung« wie die SA-Unterkünfte geschlossen werden.
07.10. Aus Anlass der Demission von Reichsaußenminister Curtius tritt das Kabinett Brüning zurück. Hindenburg verlangt eine stärkere Rechtsorientierung der neuen Regierung.
09.10. Reichspräsident Hindenburg beauftragt Brüning erneut mit der Regierungsbildung.
10.10. Hindenburg und Brüning empfangen Hitler zu einer Unterredung. Brüning hofft, durch eine Kooperation mit Hitler den politischen Druck der »Nationalen Opposition« zu schwächen; Hitler seinerseits sieht in einer Zusammenarbeit die Möglichkeit, dem legalen Zugang zur Macht näher zu kommen.
11.10. »Harzburger Front«: Auf Initiative Hugenbergs treffen sich in Bad Harzburg die Vertreter der »Nationalen Opposition« (NSDAP, DNVP, Stahlhelm, Reichslandbund und die Vereinigung Vaterländischer Verbände) zu einer Veranstaltung. Umrahmt von umfangreichen Aufmärschen ihrer paramilitärischen Verbände, betonen die Führer der äußersten Rechten ihren gemeinsamen Willen zum Sturz der Regierung.
12.10.–
19.11.
In Paris finden weitere deutsch-französische Beratungen über die Reparationsfrage statt.
13.10. Reichskanzler Brüning gibt seine Regierungserklärung ab. Die am 10.02. aus dem Reichstag ausgezogene Rechtsopposition kehrt in den Reichstag zurück, um die Regierungspolitik zu blockieren.
16.10. Nach dreitägiger Debatte lehnt der Reichstag mit den Stimmen der SPD alle Misstrauensanträge gegen die Regierung Brüning ab. Die Rechtsopposition verlässt darauf erneut den Reichstag.
21.10. Auf Initiative des Reichspräsidenten wird in Berlin der Reichswirtschaftsbeirat gebildet. Er besteht aus 25 Vertretern des Handels, der Schifffahrt und der Industrie.
08.11. Auf einer Kundgebung der DNVP betont Hugenberg die Eigenständigkeit seiner Partei gegenüber der NSDAP.
18.11. In Berlin spricht Hitler in einem mehrstündigen Gespräch mit Hermine von Schönaich-Carolath, der Ehefrau des ehemaligen Kaisers Wilhelm II., über die Ziele seiner Partei. Hitler ist an der Sympathie monarchistischer Kreise gelegen.
20.11.–
23.12.
Deutschland beantragt die Einsetzung des Beratenden Sonderausschusses bei der Bank für Internationalen Zahlungsverkehr in Basel gemäß Young-Plan. Dieser nimmt am 7.12. seine Arbeit auf und empfiehlt am 23.12. in der Konsequenz die Totalrevision des Young-Planes.
23.11. Der Publizist Carl von Ossietzky wird in Leipzig wegen »Verrats militärischer Geheimnisse« zu 18 Monaten Haft verurteilt. Die von Ossietzky herausgegebene Weltbühne hat über den illegalen Bau von Militärflugzeugen berichtet. Teile der Öffentlichkeit protestieren vehement gegen diesen Angriff auf die Pressefreiheit.
02.12. Auf einer Delegiertentagung der DNVP bestätigt Hugenberg das in Bad Harzburg geschlossene Bündnis mit der NSDAP.
04.12. Hitler lässt auf einer Pressekonferenz vor Auslandsjournalisten in Berlin verlauten, die NSDAP wolle nur auf legalem Wege an die Macht gelangen.
08.12. Reichspräsident Hindenburg erlässt die »4. Notverordnung zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zum Schutz des inneren Friedens«. Sie friert die Löhne auf dem Stand von Januar 1927 ein und sieht eine Senkung der Mieten vor; außerdem wird ein Uniformverbot für politische Vereinigungen erlassen.
10.12. Der Leipziger Oberbürgermeister Carl Friedrich Goerdeler wird zum Reichskommissar für Preisüberwachung ernannt.
16.12. Auf einer gemeinsamen Tagung proklamieren Vertreter der SPD, des ADGB, der Arbeitersportverbände und des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold die Eiserne Front zur »Abwendung der faschistischen Gefahr«.
23.12. Der »WTB-Plan« (benannt nach den drei Gewerkschaftsfunktionären Woytinski, Tarnow und Baade) zur Arbeitsbeschaffung, eine Initiative aus den Gewerkschaften, wird vorgestellt.
31.12. Die Arbeitslosenzahl erreicht die Höhe von 5,6 Mio.
1932
06.01. Reichskanzler Heinrich Brüning (Zentrum) erklärt gegenüber den Botschaftern Frankreichs und Großbritanniens, dass Deutschland auch nach Ablauf des »Hoover-Moratoriums« keine Reparationszahlungen mehr leisten könne.
07.01. Der Vorsitzende der SPD, Otto Wels, äußert sich in einer Unterredung mit Reichskanzler Brüning skeptisch zu dessen Plänen, die Amtszeit des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg auf Lebenszeit zu verlängern.
12.01. Das Zentralkomitee (ZK) der KPD benennt Ernst Thälmann als Reichspräsidenten-Kandidaten.
19.01. In Berlin hindern nationalsozialistische Studenten jüdische Kommilitonen am Betreten der Hörsäle. Vier jüdische Studenten werden verletzt. 200 Mitglieder der Sturmabteilung (SA) sprengen eine Parteiversammlung der KPD. Bei den Auseinandersetzungen werden zwei Kommunisten getötet.
26.01. Vor dem Düsseldorfer Industrieclub erklärt Adolf Hitler (NSDAP), die Überwindung des parlamentarischen Systems sei die wichtigste Voraussetzung zur Beseitigung der wirtschaftlichen Krise. Die Mehrheit der anwesenden Wirtschaftsführer nimmt die Rede mit Zustimmung auf.
29.01. Reichswehrminister Wilhelm Groener (o.P.) erlässt eine Verordnung, die Nationalsozialisten, nicht aber Kommunisten, den Eintritt in die Reichswehr erlaubt.
01.02. Aufruf des »Hindenburg-Ausschusses« unter Führung von Heinrich Sahm, Oberbürgermeister von Berlin, Hindenburg erneut zum Reichspräsidenten zu wählen.
02.02.–
10.12.
Beginn einer internationalen Abrüstungskonferenz des Völkerbunds in Genf. Brüning fordert die Aufhebung der Entwaffnungsbestimmungen des Versailler Vertrags. Am 10.12. unterzeichnen das Deutsche Reich, die USA, Großbritannien, Frankreich und Italien eine Erklärung, die dem Deutschen Reich in Rüstungsfragen einen gleichberechtigten Status zugesteht.
08./
09.02.
SPD und AfA-Bund stellen einen Kompromissvorschlag zwischen dem »WTB-Plan« und der Deflationspolitik vor.
15.02. Nach Angaben des Reichsarbeitsministeriums sind in Deutschland 6,127 Mio. Menschen arbeitslos. Jeder dritte Arbeitnehmer ist ohne Beschäftigung. Die katastrophale wirtschaftliche Lage der meisten Arbeitslosen und Kurzarbeiter führt zu zunehmender Unzufriedenheit mit der Republik.
   Reichspräsident Paul von Hindenburg erklärt seine Bereitschaft zu einer erneuten Kandidatur bei den Reichspräsidentenwahlen im März.
16.02. Der ADGB folgt der SPD-Linie zur Arbeitsbeschaffung.
22.02. Der NSDAP-Gauleiter von Berlin-Brandenburg, Joseph Goebbels, verkündet die Kandidatur Hitlers für die Reichspräsidentenwahl. Stahlhelm und DNVP nominieren Theodor Duesterberg.
24.02. Im Vorfeld der Reichspräsidentenwahl führt die NSDAP ein neues Propagandamittel ein: Rund 50.000 Schallplatten mit Reden Hitlers werden in mehreren Städten verteilt.
25.02. Die Regierung von Braunschweig ernennt Hitler zum Regierungsrat ihrer Gesandtschaft in Berlin. Dadurch erhält er die deutsche Staatsbürgerschaft. Sie ist für die Kandidatur zur Reichspräsidentenwahl notwendig.
26.02. Im Reichstag scheitert ein von NSDAP, DNVP und DVP eingebrachtes Misstrauensvotum gegen die Wirtschaftspolitik Brünings.
27.02. Die SPD ruft ihre Mitglieder auf, bei der Reichspräsidentenwahl für Hindenburg zu stimmen.
29.02. Das »Deutsche Kreditübereinkommen für 1932« tritt in Kraft: Am 23.01. hatten sich die ausländischen Gläubigerbanken auf die einjährige Stundung sämtlicher Verbindlichkeiten des Deutschen Reichs geeinigt. Die deutschen Auslandsschulden belaufen sich auf 22,9 Mrd. RM.
13.03. Beim 1. Wahlgang zur Reichspräsidentenwahl kann keiner der Kandidaten die erforderliche absolute Mehrheit der Stimmen auf sich vereinen. Der amtierende Reichspräsident Hindenburg erhält 49,5 %, Hitler 30,1 %, Ernst Thälmann (KPD) 13,2 % und Theodor Duesterberg (Stahlhelm) 6,8 % der Stimmen. Der 2. Wahlgang wird auf den 10.04. festgesetzt.
14.03. Der Stahlhelm stellt den Verzicht Duesterbergs für den 2. Wahlgang klar; Stahlhelm und DNVP empfehlen Wahlenthaltung für den 2. Wahlgang, während der Reichslandbund die Wahl Hitlers empfiehlt.
29.03. Hindenburg erlässt eine Notverordnung, mit der die Reichsregierung ohne die Zustimmung des Reichstags die Haushaltsführung für weitere drei Monate regeln kann.
09.04. Reichsbankpräsident Hans Luther wird bei einem Attentat durch einen Streifschuss leicht verletzt.
10.04. Bei der Reichspräsidentenwahl erhält Hindenburg im 2. Wahlgang 53 % der Stimmen und ist damit neuer Reichspräsident. Hitler kommt auf 36,8 %, Thälmann auf 10,2 % der Stimmen.
13.04. Auf Grundlage der von Hindenburg erlassenen »Notverordnung zur Sicherung der Staatsautorität« verbietet Brüning SA und Schutzstaffel (SS). Die Regierung befürchtet einen Putschversuch der rechtsradikalen Organisationen.
15.04. Die Reichsregierung billigt eine weitere Mio. RM für mehrere Arbeitsbeschaffungsprogramme. Die Gesamthöhe der Summe, mit der die Regierung für den »freiwilligen Arbeitsdienst« aufkommt, beträgt im Juli 55 Mio. RM. 66.000 Arbeitslose werden für durchschnittlich 2 RM pro Tag beschäftigt. Die von Staat und Gemeinden gewährte Arbeitslosenunterstützung beträgt 1,80 RM pro Tag.
25.04. Aufruf der KPD »an alle Arbeiter«; Beginn einer elastischen Einheitsfronttaktik (am 14.7. beendet).
01.05. In mehreren deutschen Großstädten kommt es während der Maifeiern zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten.
10.05. Reichswehrminister Groener verteidigt im Reichstag das Verbot von SA und SS. Die NSDAP-Fraktion antwortet mit wüsten Beschimpfungen. Groeners engster Mitarbeiter Generalmajor Kurt von Schleicher erklärt, Groener sei für die Führung der Reichswehr untragbar geworden. Bereits seit Anfang Mai plant Schleicher den Sturz von Brüning und Groener.
12.05. Der Reichstag lehnt Misstrauensanträge von NSDAP, DNVP und KPD mit den Stimmen der SPD ab.
   Auf Druck der Generalität und des Chefs des Ministeramts der Reichswehr, Kurt von Schleicher, tritt Reichswehrminister Groener zurück.
21.05. Der Landtag von Anhalt wählt in Dessau den Nationalsozialisten Alfred (Bernard) Freyberg zum Ministerpräsidenten. Freyberg ist der erste nationalsozialistische Ministerpräsident eines deutschen Landes.
29.05. Bei den Landtagswahlen in Oldenburg erringt die NSDAP die absolute Mehrheit.
   Reichspräsident Hindenburg fordert Brüning zum Rücktritt auf. Anlass dieses Vertrauensentzugs ist Hindenburgs von großagrarischen Interessen geprägter Widerstand gegen Brünings Ostsiedlungsprogramm, das die Enteignung ostelbischer Güter zum Zwecke der Besiedlung durch Arbeits- und Landlose vorsieht.
30.05. Das Kabinett Brüning gibt seinen Rücktritt bekannt.
31.05. Auf Vorschlag Schleichers beauftragt Hindenburg Franz von Papen (Zentrum) mit der Regierungsbildung. Papen bildet ein Präsidialkabinett. In diesem »Kabinett der Barone« werden sieben der elf Ressorts von überwiegend deutschnationalen Adligen geleitet. Schleicher übernimmt das Reichswehrministerium.
03.06. Reichskanzler Papen tritt aus dem Zentrum aus und kommt damit dem Parteiausschluss zuvor. Die Partei kritisiert Papen für seine Beteiligung am Sturz des früheren Reichskanzlers Brüning.
04.06. Das Kabinett Papens wird nur von der DNVP unterstützt, die NSDAP sagt die Tolerierung nach Rücknahme des SA- und SS-Verbots zu. Von Papen gibt als erster Reichskanzler seine Regierungserklärung über den Rundfunk ab. Auf Antrag von Papens löst der Reichspräsident den Reichstag auf und schreibt Neuwahlen für den 31.7. aus.
08.06. Nach Angaben des Statistischen Reichsamts ist die Zahl der Arbeitslosen auf rund 5,5 Mio. gefallen.
13.06. Reichsinnenminister Wilhelm Freiherr von Gayl erlässt eine Verordnung, nach der die Reichsregierung täglich eine Stunde Sendezeit im Rundfunk erhält.
14.06. Der Reichspräsident erlässt als erste Notverordnung der Regierung von Papen »Maßnahmen zur Erhaltung der Arbeitslosenhilfe und Sozialversicherung, sowie zur Erleichterung der Wohlfahrtslasten der Gemeinden«.
   In der ersten Rundfunkrede eines Nationalsozialisten, die auf Anweisung der Reichsregierung übertragen wird, verkündet der Reichsorganisationsleiter der NSDAP, Gregor Strasser: »Wir wollen keine Judenverfolgung, aber deutsche Führung ohne jüdischen Geist. (...) Wir scheuen den Krieg als letztes Mittel nicht und verlangen (...) die Wiederherstellung der deutschen Ehre.«
16.06. Eine Notverordnung des Reichspräsidenten hebt das Verbot von SA und SS auf. Die Badische und bayerische Landesregierung erlassen daraufhin Uniformverbote.
16.06.–
09.07.
Internationale Konferenz zur Regelung der Reparationen in Lausanne. Das Deutsche Reich wird verpflichtet, nur noch eine Abschlusszahlung in Höhe von 3 Mrd. RM zu zahlen. Restzahlungen sowie die Tilgung der Dawes- und der Young-Anleihe bleiben dagegen bestehen.
28.06. Eine Notverordnung des Reichspräsidenten hebt sämtliche Uniform- und Umzugsverbote der Länder auf.
01.07. Selbstauflösung der ASPD; die Mehrheit der Mitglieder kehrt in die SPD zurück.
10.07. Zusammenstöße zwischen Reichsbanner und SA/SS fordern vier Opfer.
12.07. Das Reichskabinett beschließt die Einsetzung eines Reichskommissars in Preußen am 20.07. mit der Begründung, die preußische Polizei sei außer Kontrolle.
   Der preußische Innenminister Severing (SPD) ordnet die scharfe Prüfung aller Versammlungsgenehmigungen durch die preußische Polizei an.
17.07. In mehreren Städten kommt es zu Zusammenstößen zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten. Den ersten Höhepunkt der bürgerkriegsähnlichen Kämpfe nach Wiederzulassung der SA bildet der »Altonaer Blutsonntag«: Die SA provoziert gezielt Straßenkämpfe mit Kommunisten. Bei den Schießereien sterben 18 Menschen.
18.07. Die Reichsregierung erlässt ein Verbot aller Demonstrationen unter freiem Himmel.
20.07. »Preußenschlag«: Durch Notverordnung und unter Ausrufung des militärischen Ausnahmezustands wird die geschäftsführende preußische Regierung unter Otto Braun (SPD) für abgesetzt erklärt. Papen lässt sich von Hindenburg zum Reichskommissar von Preußen ernennen. Begründet wird der Schritt mit den blutigen Auseinandersetzungen vom 17.7. in Altona. Mit dem »Preußenschlag« hat die SPD ihre stärkste Bastion verloren. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit hält sie einen Aufruf zum Generalstreik für aussichtslos.
25.07. Das Reichsgericht verwirft in einer vorläufigen Entscheidung den Antrag der abgesetzten preußischen Landesregierung auf einstweilige Verfügung.
31.07. Bei den Reichstagswahlen kann die NSDAP ihren Stimmenanteil mehr als verdoppeln und wird mit Abstand stärkste Partei; zusammen mit der KPD, die 1,4 % hinzugewinnt, bildet sie im Reichstag eine »negative Mehrheit«. Während SPD und bürgerliche Parteien – insbesondere die »Interessenparteien« – verlieren, behaupten sich Zentrum und BVP.
   Der Reichstagswahlkampf hatte 86 Opfer gefordert, darunter 38 Nationalsozialisten und 30 Kommunisten.
01.08. Bei Straßenkämpfen zwischen Nationalsozialisten und Anhängern der Linksparteien kommen in mehreren Städten 20 Menschen ums Leben.
09.08. Nach einer Notverordnung sollen Sondergerichte errichtet und politische Morde zukünftig mit der Todesstrafe geahndet werden. Gegen die Urteile der Sondergerichte können keine Rechtsmittel eingelegt werden.
13.08. Hitler und Papen zum Gespräch bei Hindenburg: Hitler lehnt eine Ernennung zum Vizekanzler ab. Durch Einbindung der NSDAP in die Regierungsverantwortung sollte das radikale Potential der Partei entschärft werden. Hitler fordert das Amt des Reichskanzlers.
22.08. Ein Sondergericht in Beuthen verurteilt fünf SA-Angehörige zum Tode, die einen kommunistischen Arbeiter totgeschlagen haben. Damit wird die neue Notverordnung gegen politischen Terror und Mord erstmals in voller Schärfe angewandt. Eine Woche später werden die Täter zu lebenslanger Haft begnadigt.
27.08. Nochmalige Erhöhung einiger Schutzzölle.
28.08. Reichskanzler Papen verkündet einen wirtschaftspolitischen Zwölfmonatsplan, der eine Abkehr von Brünings Deflationspolitik bedeutet. Der Plan sieht Lohnkürzungen und den Ausbau des »freiwilligen Arbeitsdiensts« vor. Er stößt bei den Gewerkschaften auf Ablehnung.
30.08. Konstituierende Sitzung des Reichstages (Alterspräsidentin Clara Zetkin, KPD). Reichstagspräsident Göring (NSDAP) verkündet als erste Amtshandlung die Vertagung des Reichstags auf unbestimmte Zeit.
   Das Kabinett diskutiert den einen Notstandsplan, der die Verzögerung von Neuwahlen nach einer Reichstagsauflösung über die verfassungsgemäße 60-Tage-Frist hinaus vorsieht.
04.09. Das Wirtschaftsprogramm von Reichskanzler Papen wird per Notverordnung in Kraft gesetzt (Ausgabe von Steuergutscheinen an Unternehmen, Möglichkeit zur untertariflichen Beschäftigung).
05.09. In Berlin veranstaltet der Stahlhelm einen »Reichsfrontsoldatentag«, an dem rund 150.000 ehemalige Kriegsteilnehmer, Reichswehrangehörige und Anhänger der rechten Parteien teilnehmen.
12.09. Bei einem von der KPD eingebrachten Misstrauensantrag gegen die Wirtschaftspolitik Papens sprechen sich 512 der 554 Abgeordneten gegen die Regierung aus. Papen und Hindenburg reagieren mit der Auflösung des Reichstags. Der Reichspräsident setzt am 20.9. die Neuwahlen für den 6.11. an.
   Die SPD beantragt die Einleitung eines Volksbegehrens zur Aufhebung des sozialpolitischen Teils der Notverordnung vom 4.9. Der Reichsinnenminister lässt das Verfahren nicht zu; daraufhin beantragt die SPD am 7.12., das Verfahren bei Volksbegehren zu ändern, verfolgt diesen Ansatz allerdings nicht weiter, als der umstrittene Teil der Notverordnung am 17.12. aufgehoben wird.
13.09. Hitler ernennt Franz Ritter von Epp zum Leiter des neu geschaffenen Wehrpolitischen Amts der NSDAP.
23.09. Im Reichsgebiet kommt es wegen der im Wirtschaftsprogramm Papens vorgesehenen Lohnkürzungen zu Streiks.
30.09. Auf Beschluss des Stadtrats von Dessau (Anhalt) muss das Bauhaus seinen Lehr- und Forschungsbetrieb einstellen. Anhalt wird von einer Koalition von NSDAP, DNVP und DVP regiert. Konservative und nationalsozialistische Gegner des Bauhauses haben in einer Hetzkampagne die funktionalistische Formgebung des Bauhauses kritisiert.
01.10. Die NSDAP veranstaltet in Potsdam einen »Reichsjugendtag«, an dem rund 110.000 Menschen teilnehmen.
31.10. Nach Angaben der Reichsregierung ist die Arbeitslosenzahl auf 5,1 Mio. gesunken.
03.–
07.11.
Die Nationalsozialistische Betriebszellenorganisation (NSBO) und die kommunistische Revolutionäre Gewerkschaftsopposition rufen die Beschäftigten der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) zum Streik auf, um eine zweiprozentige Lohnerhöhung durchzusetzen. Ein Teil der Beschäftigten folgt dem Aufruf.
04.11. Eine Notverordnung tritt in Kraft, die Autodiebstahl mit einer hohen Strafe belegt. Allein in Berlin werden täglich etwa 10 Autos gestohlen.
06.11. Die Reichstagswahlen führen zu deutlichen Verlusten der NSDAP; obwohl sie mit Abstand stärkste Partei bleibt, ist ihr Nimbus des unaufhaltsamen Aufstiegs gebrochen. Gewinner der Wahl sind DNVP und KPD, an den Mehrheitsverhältnissen im Reichstag, insbesondere der »negativen Mehrheit« von NSDAP und KPD, ändert sich wenig.
07.11. Hindenburg ordnet per Notverordnung einen »politischen Burgfrieden« an und untersagt alle politischen Kundgebungen. Die bis zum 19.11. begrenzte Verordnung wird nach Ablauf der Frist bis zum 2.1.33 verlängert.
08.11. Der Streik der Beschäftigten der BVG endet ergebnislos. Bei Straßenkämpfen mit der Polizei kamen drei Menschen ums Leben.
18.11. Hindenburg verhandelt mit Alfred Hugenberg (DNVP) und Prälat Ludwig Kaas (Zentrum) über eine Regierungsneubildung. Beide äußern Bedenken gegenüber der Ernennung eines nationalsozialistischen Kanzlers.
20.11. Göring (NSDAP) empfängt Kaas und Fritz Schäffer (BVP) zu Koalitionsgesprächen.
21.–
24.11.
Der Reichspräsident bietet Adolf Hitler (NSDAP) die Kanzlerschaft an, wenn ihm die Zusammenstellung eines Kabinetts mit parlamentarischer Zustimmung gelingt. Zentrum und DNVP machen deutlich, dass sie Hitler nicht unterstützen werden. Hitler präsentiert Hindenburg daraufhin ein Schriftstück, in dem 20 führende Vertreter der deutschen Wirtschaft, darunter auch der ehemalige Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht, die Bildung eines vom Parlament unabhängigen Präsidialkabinetts unter Hitler befürworten. Hindenburg lehnt ab. Er fürchtet eine Diktatur Hitlers.
28.11. Reichswehrminister Schleicher spricht mit Vertretern der Gewerkschaften über die Regierungsbildung. Er möchte auch den NS-Reichsorganisationsleiter Gregor Strasser in eine Regierung einbinden.
01.12. Der ADGB fordert die Wiedereinführung der 40-Stunden-Woche und die Rücknahme der durch Notverordnung erzwungenen Lohnkürzungen.
03.12. Hindenburg lässt Papen fallen und beauftragt den bisherigen Reichswehrminister Schleicher mit der Regierungsbildung. Schleicher beabsichtigt den Aufbau einer Gewerkschaftsfront mit Mitgliedern aus allen Parteien. Vor allem die NSDAP soll durch Einbeziehung ihres linken Flügels unter Gregor Strasser gespalten werden. Die NSDAP steht dadurch vor einer Zerreißprobe.
06.12. Konstituierende Sitzung des Reichstages.
08.12. Wegen Meinungsverschiedenheiten mit der Parteispitze legt Strasser seine Parteiämter nieder. Hitler verlangt weiterhin die alleinige Entscheidungsgewalt für sich selbst.
09.12. Der Reichstag vertagt sich auf unbestimmte Zeit.
11.12. Die Fünf-Mächte-Erklärung auf der Abrüstungskonferenz in Genf formuliert den Willen, dem Deutschen Reich im Rahmen eines Sicherheitssystems Gleichberechtigung zu gewähren.
12.12. Hindenburg lehnt die von der NSDAP geforderte Ernennung Görings zum preußischen Ministerpräsidenten ab.
   Die USA, Großbritannien, Frankreich, Italien und Deutschland ratifizieren einen Kompromiss in der Abrüstungsfrage.
14.12. Der Vorsitzende des Reichsverbands der Industrie, Gustav Krupp von Bohlen und Halbach, fordert Reichskanzler Schleicher auf, das Wirtschaftsprogramm der Regierung Papen fortzuführen.
17.12. Die Reichsregierung hebt die am 4.9. verordneten Lohnsenkungen auf.
19.12. Die am 9.8. erlassene Ermächtigung zur Errichtung von Sondergerichten wird aufgehoben. Reichskanzler Schleicher erhofft sich von der Aufhebung das Wohlwollen der NSDAP, da sich die Verordnung vor allem gegen Nationalsozialisten wandte.
21.12. Das Kabinett beschließt eine bescheidene Winterhilfe für Arbeitslose und ein Sofortprogramm zur Arbeitsbeschaffung.
22.12. Trotz des Versammlungsverbots vom 7.11. kommt es in mehreren Städten zu Demonstrationen und Straßenkämpfen zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten.
23.12. Eine Notverordnung des Reichspräsidenten ermächtigt die Reichsregierung, die zwangsweise Beimischung von Butter in Margarine anzuordnen.
28.12. Hindenburg erlässt eine Notverordnung, die deutsche Margarineproduzenten zwingt, inländische Rohstoffe zu benutzen.
   Die Auflösungserscheinungen des parlamentarischen Systems spiegeln sich auch in der Anzahl der 1932 erlassenen Notverordnungen: Den 66 Verordnungen stehen nur fünf vom Reichstag beschlossene Gesetze gegenüber. 1930 ergingen lediglich fünf Notverordnungen, während noch 98 Gesetze vom Reichstag beschlossen wurden.
1933
Anf. Wilhelm Simpfendörfer wird Vorsitzender des CSVd.
04.01. Adolf Hitler (NSDAP) und Franz von Papen führen in Köln Gespräche über eine gemeinsame Regierungsbildung. Am selben Tag empfängt Reichspräsident Paul von Hindenburg den früheren Nationalsozialisten Gregor Strasser und empfiehlt dessen Aufnahme in das Kabinett.
06.01. Der per Notverordnung seit Juli 1932 abgesetzte preußische Ministerpräsident Otto Braun (SPD) fordert von Reichskanzler Kurt von Schleicher die Wiedereinsetzung in sein Amt.
15.01. Mit fast 40 % der Stimmen wird die NSDAP stärkste Kraft bei den Landtagswahlen in Lippe. Sie verbessert sich damit gegenüber den Reichstagswahlen vom Nov. 32 um 4,8 %, bleibt jedoch hinter dem Ergebnis vom Juli 32 zurück, obwohl die Partei den Wahlkampf mit massivstem Propagandaeinsatz betrieben hatte. Trotzdem kann die Partei den politischen Druck auf Reichsebene wieder verstärken.
16.01. Das Kabinett entwirft einen Staatsnotstandsplan: nach der Auflösung des Reichstages sollen die Neuwahlen über die verfassungsmäßige 60-Tage-Frist bis in den Herbst 33 verzögert werden.
17.01. Gespräch zwischen Hitler (NSDAP) und Hugenberg (DNVP).
18.01. Erneutes Gespräch zwischen Hitler und von Papen.
19.01. Joseph Erzing, MdR, enthüllt im Haushaltsausschuss Einzelheiten über den Missbrauch öffentlicher Mittel für die Sanierung vor allem ostpreußischer Rittergüter.
21.01. Die Reichstagsfraktion der DNVP entzieht Reichskanzler Schleicher das Vertrauen und kündigt die offene Opposition an.
22.01. Demonstration der Sturmabteilung (SA) mit 16.000 Teilnehmern vor der Berliner Zentrale der KPD. Die Polizei sichert den Aufmarsch und besetzt das Gebäude der KPD.
   Im Hause Ribbentrop treffen sich Hitler, von Papen, Göring, Frick, Staatssekretär Meißner und Oskar von Hindenburg, der Sohn des Reichspräsidenten.
26.01. Schleicher verlangt vergeblich von Hindenburg die Übertragung diktatorischer Vollmachten.
27.01. Ein erneutes Treffen von Hitler und Hugenberg bringt keine Verständigung bezüglich der Besetzung des preußischen Innenministeriums und Neuwahlen des Reichstages.
28.01. Da Hindenburg es ablehnt, den Reichstag aufzulösen, tritt Schleicher nach 57 Tagen als Reichskanzler zurück. Franz von Papen erhält vom Reichspräsidenten den Auftrag zur Kabinettsbildung.
29.01. Gespräche Papens mit Alfred Hugenberg und Hitler über eine Regierungsbildung.
30.01. Hindenburg ernennt Hitler zum Reichskanzler, der ein Kabinett unter Einbeziehung der DNVP bildet. Aus Anlass der Machtübernahme paradieren in Berlin etwa 15.000 Mitglieder von SA, Schutzstaffel (SS), und Stahlhelm mit einem Fackelzug durch das Brandenburger Tor. Die KPD ruft zum Generalstreik auf.
01.02. Auf Wunsch Hitlers löst Hindenburg den Reichstag auf.
04.02. Per Notverordnung wird die Versammlungs- und Pressefreiheit weiter eingeschränkt.
10.02. Mit der Übertragung ihrer Kundgebung zum Wahlkampfauftakt benutzt die NSDAP den Rundfunk gezielt als Propagandamittel.
11.02. Die am Vortag gegründete Kampffront Schwarz-Weiß-Rot, ein Zusammenschluss von DNVP und Stahlhelm, beschließt die Teilnahme an den Reichstagswahlen und will das Kabinett Hitler unterstützen.
22.02. Der kommissarische preußische Innenminister Göring (NSDAP) bildet in Preußen eine Hilfspolizei, deren Mitglieder aus SA, SS und Stahlhelm rekrutiert werden, und ermuntert sie zum »fleißigen Gebrauch der Schusswaffe«.
27.02. Abends bricht im Reichstagsgebäude ein Brand aus, der fast den gesamten Mittelteil des Gebäudes und den Plenarsaal zerstört. Direkt nach dem Brand erklärt Göring, der festgenommene Niederländer Marinus van der Lubbe habe im Auftrag der KPD das Feuer gelegt. Es folgen zahlreiche politisch motivierte Verhaftungen. Vor allem Mitglieder der KPD und Juden werden verfolgt.
28.02. Der Reichspräsident erlässt die »Verordnung zum Schutz von Volk und Staat« (»Reichstagsbrandverordnung«), die wichtige Grundrechte außer Kraft setzt.
   Der Vorwärts, die Parteizeitung der SPD, wird vorläufig verboten.
03.03. In Berlin wird der KPD-Vorsitzende Ernst Thälmann in seinem Versteck verhaftet.
05.03. Bei den Reichstagswahlen erreicht die NSDAP 44,5 % und stellt zusammen mit der KSWR die Mehrheit im Reichstag. Der Urnengang selbst war alles in allem frei, auch die KPD durfte kandidieren; im Wahlkampf selbst konnte die NSDAP jedoch Staatsapparat und Kommunikationsmittel wie den Rundfunk voll ausnutzen, während die Linksparteien und teilweise auch die bürgerliche Mitte durch Einschüchterungen, Verhaftungen, Zeitungsverbote usw. massiv beeinträchtigt wurden.
06.03. Beginn der Verfolgung und Zerschlagung des Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold.
08.03. Die KPD-Sitze im Reichstag werden auf der Grundlage der »Reichstagsbrandverordnung« annulliert.
13.03. Einrichtung des »Ministeriums für Volksaufklärung und Propaganda« unter Joseph Goebbels.
16.03. Die Deutsche Reichsbank wählt Hjalmar Schacht zum neuen Präsidenten.
20./
21.03.
In Dachau und Sachsenhausen werden die ersten Konzentrationslager unter Aufsicht von Polizei und SA zur Internierung von politischen Gegnern der Nationalsozialisten eingerichtet.
21.03. Konstituierende Sitzung des Reichstages in der Potsdamer Garnisonskirche. Zur Eröffnung des neuen Reichstags inszenieren die Nationalsozialisten den »Tag von Potsdam«, auf dem sich Hitler in die Kontinuität der preußischen Könige zu stellen versucht. Die Teilnahme Hindenburgs soll die Verbindung vom »alten und neuen Deutschland« symbolisieren und so das Ansehen der Regierung Hitler erhöhen.
22.03. Errichtung des Konzentrationslagers in Dachau.
23.03. Der Reichstag verabschiedet auf Antrag der Reichsregierung in namentlicher Abstimmung mit 441 Stimmen das »Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich« (»Ermächtigungsgesetz«) gegen die Stimmen von 94 SPD-Abgeordneten (die Mandate der KPD waren bereits annulliert, aufgrund der einsetzenden Verfolgung hätten die Abgeordneten ohnehin nicht an der Sitzung teilnehmen können). Das Gesetz gibt der Reichsregierung umfassende Vollmachten in der Gesetzgebung. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Otto Wels begründet die Ablehnung der Sozialdemokraten.
31.03. Mit dem Gesetz zur »Gleichschaltung der Länder mit dem Reich« werden außer dem preußischen Landtag alle Länderparlamente aufgelöst. Ihre neue Zusammensetzung richtet sich nach dem Ergebnis der Reichstagswahlen. Eine Zuteilung von Sitzen auf die KPD erfolgt nicht, ihr werden alle Mandate auf Reichs-, Landes- und Kommunalebene aberkannt.
01.04. Erster Aufruf zum Boykott jüdischer Geschäfte, Ärzte und Rechtsanwälte durch Reichspropagandaminister Goebbels (NSDAP). SA-Angehörige gehen gewalttätig gegen Juden und gegen solche Personen vor, die den Boykott ablehnen.
07.04. Die Reichsregierung verhängt mit dem »Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums« ein Berufsverbot für jüdische und regimekritische Beamte. Nach einer Intervention des Reichspräsidenten Hindenburg werden Juden, die am Ersten Weltkrieg teilnahmen, vom Berufsverbot ausgenommen.
   Die »Gleichschaltung« der Länder wird mit dem Einsetzen von Reichsstatthaltern für jedes Land (außer Preußen) vorangetrieben.
13.04. Bei einem Besuch in Italien erklärt Göring (NSDAP) die grundsätzliche Übereinstimmung von Faschismus und Nationalsozialismus. Bei Gesprächen mit dem italienischen Ministerpräsidenten Benito Mussolini ergeben sich jedoch Differenzen, weil Italien die Souveränität Österreichs garantiert hat.
21.04. Hitler ernennt seinen Privatsekretär Rudolf Heß zu seinem Stellvertreter in der Parteiführung.
26.04. Die SPD wählt mit Otto Wels und Hans Vogel zwei neue Parteivorsitzende. Zahlreiche SPD-Funktionäre sind bereits in Haft oder emigriert.
27.04. Der Stahlhelm-Führer Franz Seldte tritt in die NSDAP ein und unterstellt sich direkt Hitler.
01.05. Auf Weisung der Reichsregierung wird der 1. Mai zum »Feiertag der nationalen Arbeit«. Die Einführung des seit langem von der Arbeiterbewegung geforderten Feiertags soll über die einsetzende Zerschlagung der Gewerkschaften hinwegtäuschen. Stürmung der Gewerkschaftshäuser.
02.05. Polizei, SA und SS besetzen die Einrichtungen des ADGB und der Einzelgewerkschaften. Die Gewerkschaften werden zerschlagen.
03.05. Der Reichsverband der deutschen Industrie (RDI) wählt Theodor Adrian von Renteln zum neuen Vorsitzenden.
05.05. In Moskau verlängern das Deutsche Reich und die Sowjetunion ihren 1926 abgeschlossenen Friedensvertrag.
   Göring (NSDAP) wird Minister des neu geschaffenen Reichsluftfahrtministeriums.
10.05. Die Deutsche Studentenschaft organisiert Bücherverbrennungen von Werken oppositioneller und jüdischer Autoren. Wie in Berlin werden in den folgenden Tagen vor allem in den Universitätsstädten zahlreiche Bibliotheken »gesäubert«.
   Erster Kongress der Deutschen Arbeitsfront (DAF), zu deren Führer Robert Ley ernannt wird.
17.06. Alle Jugendverbände werden dem neuernannten Reichsjugendführer Baldur von Schirach unterstellt.
21.06. Mitgliedern des Stahlhelms wird nur noch die Parteizugehörigkeit zur NSDAP erlaubt.
22.06. Die SPD wird verboten, ihr gesamtes Vermögen und das ihrer Organisationen wird beschlagnahmt. Für SPD-Mitglieder ergeht ein Berufsverbot.
26.06. Wirtschaftsminister Hugenberg tritt von seinem Amt zurück.
27.06. Selbstauflösung der DNVP (zuletzt in Deutschnationale Front umbenannt). Vorausgegangen waren Angriffe der Nationalsozialisten auf Hugenberg und seine Partei.
28.06. Selbstauflösung der DStP.
04.07. Selbstauflösung der DVP.
   Eugen Graf von Quadt-Isny vollzieht als Bevollmächtigter der Parteiführung die Selbstauflösung der BVP.
05.07. Selbstauflösung des Zentrum.
07.07. Reichsinnenminister Frick hebt sämtliche Mandate der SPD im Reichstag und in allen übrigen Parlamenten auf.
14.07. Die Reichsregierung verbietet die Bildung von Parteien.

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